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9. Etappe: Val Pelens – Rouaine

Der heutige Tag war wieder ein Höhepunkt. Gut, dass ich gestern in Val Pelens abgestiegen bin. Am Vorabend bin ich noch einmal zu dem schönen Aussichtspunkt gelaufen mit herrlichem Blick in die Haute-Provence.
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Beim leckeren Abendessen bin ich mit der Besitzerin der Auberge ins Gespräch gekommen. Sie war als Kind viele Jahre in Weingarten bei Karlsruhe und spricht deshalb sehr gut deutsch. Klein ist die Welt!
Heute Morgen dann nach dem Frühstück draußen auf der Terrasse in der Morgensonne hat sie sich dann auch besonders herzlich verabschiedet.
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Der weitere Aufstieg zum Col des Champs hat es in sich – aber die Natur entschädigt für alles. Schließlich ist das Ziel schon auszumachen.
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Und vor allem habe ich die Strasse fast für mich allein – bis zum Col kein einziges Auto. Dafür aber Tiere. Die angekündigten Schafe sehe ich zwar nicht.
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Aber dafür queren mehrmals Murmeltiere die Strasse und schauen einen mitleidig an – so nach dem Motto „Wie kann man nur so doof sein und hier am frühen Morgen hochradeln?“
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Dem ganzen die Krone setzt schließlich eine Schlange auf, die sich mitten auf der Strasse sonnt.
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Mehr und mehr gewinnt man an Höhe – die zum Teil über 10% sind ganz schön giftig. Gestern wäre das doch zu heftig geworden. Schließlich ist eine Art Pass erreicht – ein herrlicher Blick zurück auf das Geleistete.
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Die eigentliche Paßhöhe des Col des Champs ist jedoch noch 800m entfernt. Fast eben verläuft die Strasse bis dahin und nun kommt auch ein erstes Auto entgegen. Am Col bin ich fast alleine. Eine Familie zieht sich ihre Wanderschuhe an und der Vater macht gerne für mich ein Foto.
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Er kann es kaum fassen „Von Genf nach Nizza mit dem Fahrrad – unglaublich“. Jetzt, wo es nicht mehr weit bis zum Ziel ist, kommt doch etwas Stolz auf. Ich genieße noch fast eine Stunde die herrliche Ruhe, die klare, angenehm temperierte Luft (nach der ich mich später noch zurück sehne) und den schönen Ausblick am Col, bevor es dann wieder bergab geht.
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Der Zustand der Strasse auf der Talfahrt ist miserabel. Viele Wellen und Schlaglöcher erfordern eine vorsichtige Fahrweise.
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Nur selten kommt allerdings ein Fahrzeug entgegen; auch Radfahrer sind eine Seltenheit – vermutlich scheuen Rennradler den schlechten Strassenbelag. In vielen Kehren geht es durch den Kiefernwald talwärts. An einem kleinen Aussichtspunkt hat man eine schöne Aussicht auf Colmars, das mit einer schönen Altstadt in einer Stadtmauer aufwartet.
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Fast allgäumäßig sieht die Natur hier aus.
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In Colmars treffe ich auf die Strasse vom Col d’Allos. Was für ein Kontrastprogramm zu den ruhigen Strassen über den Col de la Cayolle gestern und heute über den Col des Champs – Wohnmobile, LKWs, Motorräder fahren vorbei. Ich drehe erstmal eine Runde durch die hübschen Altstadtgassen.
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Auf der Karte entdecke ich, dass es bis Beauvezer eine Parallelstrasse durch die Dörfer gibt. An sich sehr ruhig hier, wenn nicht ständig ein Lautsprecherfahrzeug nebenher fahren würde, dass eine Veranstaltung am heutigen Abend in Colmars ankündigt. In Beauvezer fülle ich mir an einem Brunnen den Getränkevorrat auf. Schließlich ist es mittlerweile deutlich über 30 Grad und über 30km stehen noch vor mir.
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Hinter Beauvezer gibt es nun keine Alternative zur stark befahrenen D908. Immer wieder kommen Kieslaster entgegen. Aber insgesamt geht es dann doch ganz gut. Schließlich ist die Abzweigung nach Annot erreicht.
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Hier sieht man auch den Grund des relativ starken LKW-Verkehrs – ein großes Kieswerk.
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Das nun folgende Stück auf der D908 ist fast ganz ohne Verkehr und herrlich trassiert. So verläuft das schmale Strässchen mit 3-5% Steigung aussichtsreich am Hang langsam nach oben.
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Indem jedes Seitental „mitgenommen“ wird, ist der Höhengewinn in den Beinen kaum spürbar -aber an der Aussicht und dem mittlerweile steilen Abhang, der an exponierten Stellen durchaus respekteinflößend ist
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Im Haupttal fließt der Verdon. Außerdem sieht man die Kunstbauwerke der Schmalspurbahn von Nizza nach Digne – eine der wenigen Schmalspurbahnen, die in Frankreich überhaupt noch in Betrieb ist.
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Schließlich wendet sich die Strasse vollständig nach Osten und la Colle St-Michel auf der Paßhöhe ist erreicht, das einen unspektakulären Eindruck macht. Deshalb geht es gleich weiter wieder bergab.
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Die Talfahrt ist wirklich ein Vergnügen. Eine überbreite nicht allzu steile Strasse mit relativ guter Übersicht und sehr wenig Verkehr. Ich frage mich, wozu die Strasse so breit ist – vielleicht als Ausgleich für die größtenteils einspurige Auffahrt auf der anderen Seite des Passes? Immer wieder gibt es schöne Ausblicke auf die Berge und die Bahn von Nizza nach Digne. Besonders schön ist der Blick auf Méailles.
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Schließlich wird Annot erreicht, in dem ich mir eine Unterkunft suchen möchte. Statt auf der Hauptstrasse ins Zentrum zu fahren, nutze ich die engen Altstadtgassen.
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Im Zentrum an der Hauptstraße wieder angekommen, gönne ich mir erstmal ein verdientes Eis und natürlich einen Kaffee und die Orangina des Tages.:-)
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Die Hotelsuche gestaltet sich im Anschluss schwierig. „Complet“ heißt es in den beiden Häusern am Platze, so dass ich in der Turisteninformation nachfrage. 6km außerhalb ist noch etwas zu bekommen – zum Glück in Fahrtrichtung! Da vermutlich dort kein Laden ist, decke ich mich in Annot mit Getränken für morgen ein.

Nach 2km wird die Nationalstraße N202 erreicht: Nizza 84km! Es ist nun wirklich nicht mehr weit. Allerdings ist der direkte Weg auf der N202 gar nicht zu empfehlen. Irgendwo im Internet habe ich gelesen, dass aufgrund des starken Verkehrs und der Trassenführung diese Strasse zu den gefährlichsten Frankreichs gehört. Also geht’s nach rechts wieder etwas bergauf in Richtung Digne.
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Der Verkehr ist um diese Zeit relativ moderat, so dass ich mich etwas an der Gorges de la Galan erfreuen kann.
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Endlich ist das vielleicht 30 Einwohner zählende Nest Ruaine erreicht.
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Aber immerhin gibt es hier ein Hotel. Das Fahrrad darf in der Hotelhalle parken und ab geht’s unter die Dusche.
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Danach setze ich mich in die kühle Bar. Die Hoteldame besorgt mir sogar einen WLAN-Code (25 Zeichen!) und bei zwei 1l Flaschen Mineralwasser schreibe ich diesen Blog. Parallel hört man, wie in der Küche eifrig geschnippelt wird und später steigen provencialische Gewürzdüfte in die Nase – ich freue mich aufs Essen!
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Im Überblick:
Etappe: Val Pelens – Rouaine, 65,4 km
bergauf: 1.065m
bergab: 1.810m (das Mittelmeer ist nicht mehr weit! 🙂 )
Karte Copyright by geoportal/IGN
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8. Etappe: Barcelonnette – Val Pelens

Um es gleich vorweg zu nehmen, das heutige Ziel der Etappe stand heute morgen noch nicht fest. Dass es gerade Val Pelens heißen würde, hätte ich aber auch nicht erwartet. Aber der Reihe nach. Nach einem perfekten Frühstück in dem sehr freundlichen Hotel La Grand Eperviere ging’s um 8.15 Uhr los.

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Die Straße zum Col de la Cayolle beginnt direkt in Barcelonnette. Nach etwa 3 km zweigt rechts die Passstrasse zum Col d’Allos ab. Ich fahre jedoch gerade aus zum Col de la Cayolle.
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Mit mäßiger Steigung verläuft die schmale und sehr verkehrsarme Strasse in der schönen Gorges du Bachelard. Mehrmals wird das Ufer gewechselt. Und die ersten Rennradfahrer überholen mich. Schließlich wendet sich die Strasse nach Osten und das Tal weitet sich. Bei einem Blick zurück in die Schlucht sieht man am Hang die Strasse zum Col d’Allos.
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Da der Col d’Allos rund 100m niedriger liegt als mein Zwischenziel, wird klar das noch einiges an Steigung vor mir liegt. Allerdings ist das Sträßchen wirklich wunderbar trassiert. Im ganzen Talverlauf ist die Steigung moderat und die Ausblicke in die schöne Landschaft sind ein Genuß.
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Zwischendurch muss ich einfach anhalten, um zurückzuschauen.
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Immer wieder überholen Rennradler. Der wenige übrige Verkehr ist wirklich erstaunlich. Es sind deutlich mehr Fliegen unterwegs, die hier sehr anhänglich sind :-(. Offenbar nutzen die meisten motorisierten Reisenden lieber den Cime de la Bonette als Paßübergang, der als höchste asphaltierte Strasse in Europa für persönliche Rekorde offenbar interessanter ist. Gut für den Ruhe suchenden Radler!
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Immer weiter geht es in Richtung Osten und man gewinnt zunehmend an Höhe. Kurz vor Bayasse noch ein schöner Blick zurück und die Strasse wendet sich nach Süden und steigt nun mit 6-8% deutlich stärker an. Inzwischen kommen auch die ersten talwärts fahrenden Radler entgegen.
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Durch den Wald geht es in Kehren hinauf. Über kunstvoll angelegte Viadukte werden Bäche gequert. Leider schiebt sich ein dichtes Wolkenband heran, so dass die Sonne nun Mangelware ist. Für den Aufstieg einerseits nicht schlecht – aber mit Sonne wär es oben ja dann doch besser. Schließlich ist man von den letzten Tagen verwöhnt.
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Am Schlussanstieg wird nochmals ordentlich Kraft verlangt und schließlich ist der schöne Col de la Cayolle erreicht. Ein Blick zurück:
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Schließlich kommt doch die wärmenden Sonne wieder heraus. Gerade richtig für das obligatorische Foto.
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Um noch einen besseren Überblick zu bekommen steige ich auf die östlichen Anhöhen. Von hier beobachte ich, wie mein Bike von anderen Radlern umstellt ist – offenbar zieht es Aufmerksamkeit auf sich – ist ja auch chic! ;-).
Nun ist es Zeit für die Abfahrt. Gleich an der ersten Kurve ist wieder ein Fotostop angesagt. Einfach klasse der Ausblick!
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Und die Abfahrt ist einfach herrlich. Kaum Verkehr, wunderschöne Ausblicke und kaum Wind.
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Beeindruckend ist auch die Gebirgstektonik – auf der gegenüberliegenden Talseite sieht man die einzelnen Gesteinsschichten glitzern.

Auf „meiner“ Seite werden hingegen schräg liegende Gesteinsplatten durchfahren.
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Schließlich wird hinter Entraunes die Strasse breiter, was den Vorteil hat, dass man nun rasanter abwärts fahren kann. Schließlich wird St-Martin-d’Entraunes erreicht und lege eine Pause ein.
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Eigentlich ist es ja zu schade nun immer weiter abwärts zu fahren – Nizza kommt immer näher und den Reservetag habe ich bislang (fast) gar nicht gebraucht. Das Straßenschild bietet jedoch eine interessante Alternative.
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Kurz entschlossen biege ich nach rechts in Richtung Col des Champs ab. Ich weiß, wer mich jetzt alles für verrückt hält, heute noch einmal bergauf zu fahren. Und in der Tat hat es die Strasse in sich. Mit 7-12% schraubt sich die Strasse in Serpentinen im leider wenig Schatten spendenden Tannenwald nach oben. Kurz wird ein Blick frei auf das tief unten liegende St-Martin. Man hätte es einfacher haben können.
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Nun zieht sich auch noch der Himmel zu. In Val Palens beschließe ich an einer Auberge anzuhalten und mir erst einmal einen Kaffee und eine Orangina zu gönnen. Klatschnass geschwitzt fange ich langsam an zu frieren. schließlich donnert es auch noch. Eigentlich war es für heute ja auch genug. Also frage ich die Bedienung, ob noch ein Zimmer frei ist. Nun setzt hektische Betriebsamkeit ein – offenbar werden andere Gäste umdisponiert und komme zu meinem heutigen Etappenziel – etwas abseits der Zvilisation.
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Nach dem Duschen mache ich noch einen Gang zum sehr lohenden Aussichtspunkt Pointe de la Figuliere. Im Norden sieht man den Cayolle im Regen.
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Im Überblick:
Etappe Barcelonnette – Val Pelens, 59km
bergauf: 1.840m
bergab: 1.276m

Karte Copyright by geoportal/IGN
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