Schlagwort-Archiv: Jotunheimen Fjellstue

Von Jotunheimen Fjellstue nach Lom

Heute ist Ruhetag! Zumindest stehen heute nur 33km im wesentlichen bergab an. Deshalb gehe ich den Tag ruhig an. Erst gegen 9 Uhr erscheine ich beim Frühstück. Das norwegisch-französische Pärchen (Er aus Oslo und sie aus der Nähe von Nizza) ist auch noch dort. Ich war mit den beiden am Abend ins Gespräch gekommen, weil wir uns über den schwedischen Kellner amüsiert hatten, der einen irgendwie an Mister Bean erinnerte. So wurde jeder Gang des Menues, das für alle gleich war, nach Personenzahl des Tisches aus der Küche gebracht. So hatte er mal drei, mal zwei oder auch nur eine Suppe aus der Küche zum Servieren dabei. Das Ergebnis war, dass die Suppe für die letzten Tischen praktisch kalt war.
IMG_1080.JPG
Die Beiden wollen Wandern gehen und haben sich eine 6-Stundentour vorgenommen. Sie hatte gestern etwas die Hoffnung geäußert, dass es heute regnet, um nicht wandern zu müssen. Sah das Wetter am frühen Morgen noch unsicher aus, so scheint es sich jetzt langsam dafür zu entscheiden, gut zu werden. Obwohl heute wenig ansteht ist mir das natürlich sehr recht. Die Deutsche an der Rezeption füllt mir noch Wasser auf und ich mache noch ein Bild vom schönen Panorama Richtung Norden.
IMG_1035.JPG
Dann kann es losgehen.
IMG_1036.JPG
Zunächst geht es noch einige Meter bergauf, doch dann wie erwartet rasant bergab. Der Tacho erreicht über 80km/h, was Dank der gut ausgebauten Straße und des geringen Verkehrs gut machbar ist. An einem kleinen Rastplatz halte ich kurz an, um den Blick zurück zu nehmen. Dabei habe ich auch einen schönen Blick in den hinteren Teil des Tales.
IMG_1038.JPG
Es geht weiter bergab bis das Tal flacher wird und es sich auch wieder lohnt in die Pedale zu treten.
IMG_1039.JPG
Nach einigen Kilometern fällt eine Friedhofskapelle ins Blickfeld, die sich architektonisch auf den norwegischen Stabkirchen anlehnt.
IMG_1040.JPG
Schließlich mache ich an einem kleinen Supermarkt Station und besorge mir Getränke und Nüsse.
IMG_1041.JPG
Zügig geht es weiter bergab. Es ist 11:30 Uhr und es sind nur noch 10km bis Lom, dem Ziel der heutigen Etappe. Inzwischen ist der Fluss, der die Abfahrt die ganze Fahrt begleitet, zu einem breiten Strom geworden.
IMG_1042.JPGIMG_1043.JPG
Schließlich wird das Tal noch einmal enger.
IMG_1044.JPG
Gegen 12 Uhr erreiche ich den Ort Lom, das mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten aufwartet. Highlight ist die Stabkirche von 1170.
IMG_1045.JPG
Lom gehört zu den norwegischen Orten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, den historischen Ortskern nicht nur zu erhalten, sondern auch bei Neubauten auf eine guten Integration der Architektur zu achten. Daneben gibt es mehrere Museen und dazu rauscht es überall durch die wasserreichen Flüsse und Bäche.
IMG_1051.JPG
Auch meine Unterkunft genügt dem Anspruch Loms. Andvord Gard heißt sie und war ursprünglich eine Farm aus dem 14 Jhdt., die 2003-2005 zu einem besonders komfortablen und sehr schönen Hotel umgebaut wurde.
IMG_1046.JPG
Die Verwalterin des Anwesens und ihr Mann begrüßen mich schon vor dem Haus sehr herzlich. Ich sei bestimmt Martin, sagt sie und beide geben mir die Hand. Er bereitet am Abend auch das köstlicher Diner zu. Dabei bekomme ich, obwohl ich nur das Dreigangmenue bestellt hatte, den vierten Gang dazu. Das Essen wird gemeinsam an einem großen Tisch eingenommen, so dass man gut ins Gespräch kommt. Meine Nachbarn wollen natürlich mehr über meine Radtour wissen. Außerdem geht es schließlich um die Infrastrukturfinanzierung in Deutschland und Norwegen. So gibt es wohl besonders in Oslo bei der Modernisierung des U-Bahnnetzes einen erheblichen Nachholbedarf. Schließlich bekomme ich noch einen kleinen Kurs in norwegischer Sprache. Bevor ich wieder aufs Zimmer gehe, mache ich noch einen kleinen Gang durch die schöne Anlage und genieße die angenehme Abendluft.
IMG_1074.JPG

Der Tag im Überblick
9.Etappe:
Jotunheimen Fjellstue – Lom
Gesamtlänge: 34,53 km, Aufstieg: 69m , Abstieg: 653m
IMG_1077.JPG
IMG_1076.JPG

br />

Von Skjolden nach Jotunheimen Fjellstue

Punkt 8 Uhr stehe ich im Frühstücksraum und was ist noch nicht da? Das Frühstück! Man hört es zwar in der Küche immer wieder klappern – aber es tut sich nichts. Gegen 8:15 Uhr dann endlich fährt der Servierwagen mit dem leckeren Frühstück ein – sogar frischen Lachs gibt es. Gut gefrühstückt kann es dann schließlich losgehen.
IMG_0994.JPG
Nach einigen Kilometern mache ich noch an einer Tanke Station und decke mich mit Getränken ein.
IMG_0996.JPG
Schließlich hat das lockere Radeln im fast ebenen Tal ein Ende und es geht rechts hinauf auf den Sognefjellsveien.
IMG_0997.JPG
1434m ist der höchste Punkt der Straße und sie gilt damit als die höchste asphaltierte Paßstrasse Nordeuropas. Also steht heute ein Kräfte zehrender Aufstieg an. Und gleich beginnt es mit einigen Haarnadelkurven und den vorhergesagten 8-12% Steigung.
IMG_0998.JPG
Bei der 3. Haarnadelkurve ist bereits ein Aussichtspunkt; kurz vorher überhole ich 2 junge Männer auf ihren ebenfalls mit Gepäck beladenen Rädern.
IMG_0999.JPG
Nachdem ich am Aussichtspunkt das obligatorische Foto gemacht habe, kommt einer der Männer zu mir und fragt mich, ob ich die Straße schon mal gefahren sei. Sie könnten nicht mehr – es sei doch zu anstrengend. Er könnte ja vielleicht noch weiter, aber sein Freund wohl nicht mehr. Er hätte seinen Cousin aus Bergen (ist ja nur 250km entfernt!) angerufen, damit er sie hier aufgabelt. Naja, ich habe keinen Cousin im Umkreis, also heißt es weiter fleißig in die Pedale strampeln. Endlich kommt schwenkt die Straße in ein kurzes Hochtal, so dass einem die nun 4-5% Steigung geradezu wie Erholung vorkommen. Doch die Entspannung hat ein schnelle Ende und es geht weiter in Spitzkehren hinaus. Ein schöner Bild zurück und weiter geht es.
IMG_1001.JPG
Bei einer Höhe von 500m komme ich an zwei Schafen vorbei, die mich dumm anglotzen. Ich frage mich, was denen gerade im Kopf herumgeht. Aber manche sagen ja, Schafe seien dumm.
IMG_1002.JPG
Und es geht höher und höher. In der Regel bleibt die Steigung bei 9-11%, was zumindest des Vorteil hat, dass man immer schön im ersten Gang bleiben kann. Allerdings komme ich mir vor, wie in einer Badewanne. Alles ist triefend nass. Es tropft unaufhörlich von meinem Gesicht, meinen Armen und Beinen. Dafür gibt es immer wieder schöne Ausblicke.
IMG_1003.JPG
Bald ist Turtago erreicht, wo es auch ein Hotel gibt und sonst eigentlich nichts. Kurz vor dem Hotel stauen sich jedoch die Autos, die mich in den letzten 20 Minuten Fahrt überholt hatten. Ich fahre daran vorbei und werde von den wartenden Autofahrern mit lautstarken Bravorufen angefeuert. Weiter oben sehe ich den Anlass für den Rückstau: Ein LKW lädt Baumaterialien ab. Allerdings kann ich ohne Probleme passieren.
IMG_1004.JPG
Rund 875m hoch bin ich nun und denke nachdem ich über die Hälfte der Steigung geschafft habe, dass dies ein guter Anlass für eine Pause in dem Hotel ist. Ich gönne mir ein Eis, zwei Tassen Kaffee, ne Apfelsaftschorle und mache es mir auf der Terrasse in der Sonne bequem.
IMG_1006.JPG
Nach einer halben Stunde heißt es: Der Aufstieg geht weiter!
IMG_1007.JPG
Von Haarnadelkurve zu Haarnadelkurve schraube ich mich die Strasse hinauf.
IMG_1008.JPG
Schließlich sind 1.000m Höhe erreicht. Jetzt fehlen „nur“ noch 434m.
IMG_1009.JPG
Die Ausblicke beim weiteren Aufstieg sind herrlich.
IMG_1010.JPG
Allerdings ziehen sich die Wolken immer mehr zusammen. Ein Blick zurück lässt durchaus Respekt vor der Leistung aufkommen.
IMG_1011.JPG
Bei rund 1.200m wir die Straße nun welliger. Es geht sogar immer wieder einige Meter bergab, dafür dann aber wieder umso heftiger bergauf. Aber die Blicke auf die Landschaft entschädigen.
IMG_1012.JPG
Richtig rauh ist die Gegend hier oben. Im Juli kann noch ziemlich hoch der Schnee liegen – jetzt sind es immerhin noch einige Flächen, die schneebedeckt sind. Ein schöner Kontrast ist das üppige Wollgras.
IMG_1013-0.JPG
Bei 1.400m erreiche ich eine Kuppe, von der ich einen herrlichen Ausblick auf die Seenlandschaft, die Berge und die Gletscher habe. Klasse!
IMG_1014.JPG
Aber es ist auch relativ kalt hier oben. Mein Radcomputer zeigt zwischen 10 und 12°C an. Trotzdem kein Grund zur Klage. Die Alternative können hier auch knapp über 0°C und Schneefall sein! Immer wieder muss ich anhalten und die Landschaft genießen.
IMG_1015.JPGIMG_1016.JPG
Schließlich ist nach einigem Auf und Ab der Scheitelpunkt erreicht. Eine Touristin, die mit ihrem Wohnwagen pausiert, macht ein Foto für mich.
IMG_1017.JPG
Noch ein letzter Blick auf die beeindruckende Gletscherwelt
IMG_1018.JPG
und es geht hinab ins Tal.
IMG_1019.JPG
Wie mühevoll der Aufstieg und wie rasend schnell geht es nun bergab. Die landschaftlichen Eindrücke sind nicht weniger schön auf dieser Seite des Passes.
IMG_1021.JPGIMG_1022.JPGIMG_1020.JPG
Ein Tourist filmt mich mit seiner Videocam während ich hinabfahre. Ein Radfahrer scheint schon eine Rarität hier oben zu sein. Letztendlich sind mir auch nur drei Radler mit Gepäck entgegen gekommen (sieht man mal von den beiden Gestrandeten ab).
IMG_1023.JPG
Schließlich ist die rasante Talfahrt ein Ende und es geht an einem schönen See entlang.
IMG_1024.JPG
Weniger später – auf immer noch über 1.000 Höhenmetern – ist mein Ziel auf einem Bergsattel erreicht: Jotunheimen Fjellstue. Was für ein schöner Platz: auf beiden Seiten des Sattels rauschen die Wasserfälle, ein kleiner See lieg direkt bei dem recht einfachen, aber sauberen Hotel. Dazu die Bergkulisse und der Blick in die Täler.
IMG_1029.JPGIMG_1027.JPG
Die Dame an der Rezeption ist eine nette junge Deutsche, so dass ich mit ihr ins Gespräch komme. Der Höhepunkt der Saison sei schon überschritten, deshalb ist das Kaffee bereits geschlossen. Aber sie macht mir auch so einen frischen Kaffee. In einer Holzschaukel genieße ich dann die Nachmittagssonne und fange an diese Zeilen zu schreiben. Bis 20 Uhr, wenn es Abendessen gibt, ist noch viel Zeit, den schönen Platz zu genießen.
IMG_1028.JPG

Der Tag im Überblick
8. Etappe:
Skjolden – Sognefjell – Jotunheimen Fjellstue
Gesamtlänge: 46,81 km, Aufstieg: 1.576m, Abstieg 586m
IMG_1031.PNG
IMG_1030.PNG