Wie zu erwarten, war es eine ruhige Nacht in der Djupvasshytta. Geweckt wurde ich am Morgen gegen kurz vor 8 von den ersten Touristenbussen, die zum Aussichtspunkt Dalsnibbar fuhren. An der Djupvasshytta zweigt eine Mautstrasse zu dem Aussichtsgipfel ab. Ich hatte gestern Nachmittag tatsächlich überlegt, die 400m auf 5 km noch hinaufzufahren, war aber dann eingeschlafen ;-). Heute dagegen stellt sich diese Entscheidung erst gar nicht. Erstens sind es genug km bis Åndalsness, dem heutigen und letzten Etappenziel, und zweitens lässt der Blick aus dem Fenster ohnehin Ernüchterung aufkommen.
Nun, da mit über 100km und 2 heftigen Aufstiegen auf über 600m und über 800m ein sehr üppiges Tagesprogramm ansteht, hatte ich inzwischen für schlechteres Wetter eine Alternative im vorgesehen, nämlich von Geiranger die Fahrt mit der Fähre um 12 Uhr durch die Fjorde bis Valldal, so dass 19km und 600 Höhenmeter eingespart werden können und zudem der wohl berühmteste Ford, der Geirangerfjord, durchfahren werden kann. Da es von der Djupvasshytta zunächst mal bis auf Meereshöhe hinabgeht, werde ich das Schiff um 12 Uhr gut erreichen können, so dass ich mir etwas Zeit lasse, mit dem Frühstück, das mal nicht vom Buffet kommt, sondern üppigst am Platz serviert wird.
Trotz länglichem Frühstück kommt dann aber doch die Stunde der Abfahrt. Ich ziehe mir zusätzlich noch meine Windweste über. Den neben 6°C weht ein recht stürmischer Wind. Der junge Hotelangestellte holt mein Fahrrad aus der Garage und fragt wo ich hinmöchte. Neben viel Bedauern rät er mir noch mehr Anzuziehen, da es wirklich sehr stürmisch und kalt sei und außerdem sehr steil nach Geiranger hinab geht. Nun zum Glück regnet es nicht mehr, aber die Straßen sind nass. Ein kurzes Abschiedsbild gibt es natürlich trotzdem.
Hinter der Djupvasshytta geht es noch ganz kurz einige Meter hinauf und dann kommt in der Tat die rasante, kurvenreiche Abfahrt.
Es fällt schwer auf der abschüssigen Straße für Fotos anzuhalten. Vor allem macht der stürmische Wind zu schaffen. Somit fahre ich relativ langsam und hochkonzentriert hinab. Schließlich kommt ein erstes mal ein kleiner blauer Flecken vom Geirangerfjord ins Bild.
Mir kommen doch hier tatsächlich ein Rennradfahrer und zwei Tourenradfahrer mit Gepäck entgegen. Eine Rarität bislang auf meiner Tour. Schließlich erreiche ich den beliebten Aussichtspunkt auf den Fjord. Hier ist man nicht allein. Im Minutentakt kommen Touristenbusse und spucken Menschen aus aller Herren Länder aus. So ist es auch kein Problem ein Foto von mir zu bekommen.
Trotz des bewölkten Wetters ist der Ausblick einfach klasse und damit der Touristenansturm gerechtfertigt. Gegenüber sieht man auch die Aufstiegsroute, die ich nun mit der Fähre umfahren werde.
Im Ort schließlich noch mehr Touristen. Ich halte mich gar nicht lange auf und fahre direkt zur Fähranlegestelle. 11:45 Uhr legt die Fähre an und es kann bald an Board gehen.
Zwei Stunden Bootsfahrt stehen nun an und ich mache es mir auf dem Aussendeck gemütlich. Auch der Blick zurück auf Geiranger ist beeindruckend, vor allem durch die beiden großen Kreuzfahrtschiffe, deren Reisende gerade nach Geiranger mit kleineren Shuttlebooten gefahren werden.
Die Fahrt durch den engen Geirangerfjord ist beeindruckend. Überall rauschen Wasserfälle hinab und die fast senkrechten Felswände sind beeindruckend.
So ist nach der etwas aufregenden Abfahrt heute bislang Entspannung angesagt.
An einigen Stellen sieht man alte Farmen, bei denen man sich fragt, warum man sich ausgerecht hier niedergelassen hat.
Nach der Fahrt durch zwei weitere Fjorde wird schließlich Valldal erreicht, dass für seine Erdbeerkulturen bekannt ist. Rund 50% der norwegischen Produktion kommen von hier.
In Valldal endet die Fähre und ich besorge mir noch Getränke in einem der drei Supermärkte am Hafen.
Schließlich heißt es jetzt noch einmal zum Abschluss kräftigt in die Pedale treten.
Zunächst geht es nur recht allmählich bergauf, was mir schon etwas Sorge macht – irgendwie muss ich ja doch auf die 850m rauf. Nach 14 km ist erstmal ein Stop am Wasserfallaussichtspunkt Gudbrandsjuvet angesagt. Schließlich scheint inzwischen die Sonne und der Aussichtpunkt ist sehr aufwändig angelegt.
Ich trinke und esse eine Kleinigkeit und dann geht es weiter – schließlich sind erst 200 Höhenmeter erreicht. Nach etwa 7 km fällt der Straße dann doch ein, dass nun stärker bergauf gehen muss.
Aber die Natur entschädigt für die Kraftanstrenungen.
Vor allem rauschen überall Wasserfälle und auch mir sieht man schweißbedingte „Wasserfälle“ an.
Schließlich ist ein Hochtal erreicht, von dem die letzten 150 Steigungsmeter gut auszumachen sind. Hier wird man nun noch einmal mit 9-11% Steigung kräftig gefördert. Ein Blick zurück macht stolz auf das Geleistete.
Hinter dem Scheitelpunkt geht es schon gut abwärts, aber der Trollstigen ist noch nicht in Sicht. Dafür aber ein schönes Panorama.
Am Beginn des Trollstigen sammeln sich trotz des späten Nachmittags – es ist 17:30 Uhr doch noch viele Touristen. Das Besucherzentrum lasse ich aus und fange dafür schöne Eindrücke direkt auf dieser beeindruckenden Straße ein.
Der Blick nach unten zu den Haarnadelkurven ist gewaltig – fast schwindelerregend. Schließlich verliert die Straße in diesem komprimierten Abschnitt über 500 Höhenmeter. Da heißt es vorsichtig fahren – insbesondere auch wegen dem Gegenverkehr. So halte ich immer wieder mal an und genieße die Landschaft.
Zwischendurch zeigt der Blick zurück wie die Felswand von der Straße erklommen wird.
Weiter geht es hinab durch das breiter werdende Tal. Zwischendurch überrascht allerdings noch ein Gegenanstieg von über 7%. Musste das jetzt noch sein, Frage ich mich. Kurz vor Åndalsness dann ein Willkommensplakat. Es ist nun fast geschafft: 11 Etappen mit insgesamt 717 km und viel Glück mit dem Wetter, dem Rad, dass gut durchgehalten hat und meiner Kondition. Schließlich sagen manche ich gehe auf die 50 zu, was natürlich überhaupt nicht stimmt. 😉
Kurz vor Åndalsness gibt es noch einen schönen Blick in das Raumatal, durch das ich morgen mit dem Zug nach Oslo fahren werde. Im Abendlicht kommt das Panorama besonders gut.
Schließlich ist meine Unterkunft für heute erreicht: das Grand Hotel Bellevue. In einer 5.000 Einwohnerstadt darf man sich unter der Bezeichnung nicht zu viel vorstellen. Aber der Blick ist in der Tat schön und die Zimmer sind okay. Witzig, das Fahrrad darf wie bei der ersten Etappe in Norwegen in Rosendal auch hier im Konferenzzimmer übernachten.
Abends mache ich noch einen Rundgang in der Abendsonne am Hafen. Hier grüßt auch wieder der unvermeidliche Troll – dieses Mal in Übergröße.
Außerdem hole ich die Fahr- und Platzkarten ab, die ich in Jotunheimen telefonisch bestellt hatte. Bei Fahrrädern muss man nämlich reservieren. Mit der Referenznummer hat die nette Dame am Bahnhof schnell meine Karten gefunden und ausgedruckt.
Am nächsten Morgen muss ich wieder überrascht aus dem Fenster schauen. Schon wieder macht sich ein Kreuzfahrtschiff vor meinem Hotelzimmer breit.
Ich frühstücke und mit etwas Wehmut rollere ich dann hinunter zum Bahnhof. Das Wetter ist viel zu schön, um jetzt aufzuhören. Ich möchte am liebsten weiterfahren. Aber nächste Woche steht wieder Arbeitsalltag an. Immerhin habe ich die 11 Etappen sehr gut abschalten können, was ja auch Sinn eines Urlaubs ist. Zum Ausklang gibt es jetzt noch einen Aufenthalt in Oslo, auf den ich mich auch sehr freue, und dann gehts mit der Fähre nach Kiel und mit dem Zug zurück nach Hause.
Der Tag im Überblick
Etappe 11a: Djupvasshytta – Geiranger
Gesamtlänge: 16,59 km, Aufstieg: 18m Abstieg: 1.011m
Etappe 11b: Valldal – Trollstigen – Åndalsness
Gesamtlänge: 54,52 km, Aufstieg: 931m, Abstieg: 898m
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Beneidenswerte Bilder für alle Daheimgebliebenen! Und „Hut ab“ vor der Leistung.
Vielen Dank! In schöner Umgebung fällt Leistung immer leichter.